2025 - Reisebericht Maria Gruber-Hatheier / Klaus Gruber
ES WAR EINMAL....
Vor langer Zeit war ich zu Tränen gerührt, als unser langjähriger Hausarzt und mittlerweile leider viel zu früh verstorbener lieber Freund, Dr. Georg Bramböck, die Geschichte seines geschätzten Kollegen, Dr. Bernhard Spechtenhauser, von dessen Begegnungen in Santa Cruz erzählte.
Seit die Brillos gegründet wurden hatte diese besondere Initiative stets unser Wohlwollen.
Als letztes Jahr die Pläne für unsere „in 80 Tagen um die Welt“-Reise konkret wurden, waren auch Stopps in Bolivien dabei. Wir ließen Dr. Spechtenhauser davon wissen und Bernhard hat sofort vorgeschlagenen, dass er Besuche für uns in den verschiedenen Projekten organisieren werde. Wir haben das sehr gerne in Anspruch genommen, zumal wir vor Jahren auch bereits in Peru, Arequipa „Tras las Huellas de Christo“ besucht haben, ein Verein (Kitzbühel / Graz, www.bausteinperu.com), über den wir seit vielen Jahren Patenkindern den Schulbesuch mit Ausspeisung ermöglichen.
ES WAR SOWEIT ….
Nach drei Wochen in Brasilien waren wir in Bolivien in Santa Cruz de la Sierra angekommen.
Montag, 25. Aug. 25
Mittags holte uns SR. Rosa Maria mit ihrem Taxifahrer Wiliam im Hotel ab und wir waren zum Mittagessen im Konvent der Dominikanerinnen eingeladen, wo wir auch auch die anderen Ordensfrauen kennen lernten. Das bisschen „Duolingo-Spanisch“ leistete im Dialog bzw. in der kleinen Runde ganz gute Dienste, für Details war dennoch Google-Translotor hilfreich oder wie immer die Sprache mit Händen und Füßen :)
Anschließend fuhren wir miteinander ins „Barrio“. Hier enden nicht nur die befestigten Straßen, sondern auch die Kanalisation. Wir hatten recht kühle Tage, den Gestank bei Hitze wollten wir uns gar nicht vorstellen. Zudem lag Müll an jeder Ecke, Kinder liefen barfuß und meist wenig bekleidet vor und in den kleinen Wohn- und Lebensstätten.
Dann sahen wir das schöne Backsteinhaus mit dem „Santa Rosa de Lima“ Logo und wir wussten: wir sind an einem Ort der Hilfe angekommen. SR. Rosa Maria erzählte uns anerkennend, dass „Dr. Bernardo“ das Erdgeschoß finanziert hat und das Konvent den ersten Stock.
Von der Direktorin, den Lehrerinnen und den Kindern wurden wir herzlichst empfangen. Wegen des Regens an diesem Tag fehlten viele Kinder – es verkehren dann keine Busse, wurde uns erklärt. Wir bekamen alle Klassen gezeigt, sahen ganz viele selbst gebastelte „Gracias“ und „Bienvenidos“-Plakate, hörten Gebete, Lieder und unzählige Hallos. Sogar ein Fußballtor war für uns mit Herzen, Blumen und „MARIA & KLAUS“ geschmückt.
Hier wird „mit den Schwächsten“ gearbeitet erklärte uns SR. Rosa Maria. Es gibt ein riesiges Einzugsgebiet für Kinder mit besonderen Bedürfnissen wie Down Syndrom, Autismus, psychischen Störungen. Auch ein eigener Gebäudekomplex für Therapie ist angeschlossen, wo es mehrere „Cabinetes“ für Logopädie, Physiotherapie, Psychologie, Psychopädagogik gibt, um so gut wie möglich auch individuelle Förderungen zu ermöglichen.
Der Direktor führte uns herum und anschließend gab es Kaffee und Kuchen. Eine deutsche Praktikantin war auch dabei, sie übersetzte und berichtete über ihre Erlebnisse und Wissen bzgl. Schulsystem und sozial- sowie wirtschaftspolitische Lage in Bolivien.
So erleben und erfahren wir von Tag zu Tag mehr über die wirklich großen Nöte in diesem wunderschönen Land im Herzen Südamerikas und stellen wieder einmal fest, wie wenig wir darüber wissen.
Mit dem Taxi kamen wir zurück ins Zentrum, gingen auf Bernhard's Empfehlung ins Irish Pub und ließen die Eindrücke im Reden wie im Schweigen nachwirken.
Mit einem Taxi - das in Europa sicher keine Verkehrsberechtigung mehr hätte - fuhren wir schließlich zurück ins Hotel. Am nächsten Tag war ja wieder ein Besuchsprogramm vorgesehen.
Dienstag, 26. Aug. 25
Um 9 Uhr wurden wir wieder im Hotel von SR. Rosa Maria und Wiliam abgeholt. Wir übergaben ihr die mitgebrachten Milka-Schokoladetafeln (Bernhard hat uns verraten, dass diese sehr begehrt sind), viele bunte Luftballons und Holzkochlöffel, die mein gläubiger, 92-jähriger Vater macht.
Bei der PRIMARY SCHOOL angekommen fragte ich:
„HABEN SIE GERADE PAUSE?“
„Es para vosotros“ (Es ist für euch) bekamen wir zur Antwort und waren baff erstaunt, genau genommen sind mir wieder die Tränen gekommen. Ein Auflauf, ein Hallo und in der Aula waren geschätzt 500 – 600 Kindern versammelt!!
Sie standen geordnet nach Klassen und Größe, sangen und es gab eine Ansprache mit ganz viel Würdigung für „Dr. Bernardo“ und seine Freunde.
Dann ging das Mikro an mich und trotz vorbereiteter Sätze (ChatGPT hat mir geholfen) konnte ich vor der versammelten Menge nur „Spanisch-Stottern“ und die Aktion an Klaus übergeben: er ging in die Mitte und machte einen Kopfstand, was die Kinder vor Begeisterung kreischen ließ :))
Die Sprache des Herzens ist angekommen und auch das Versprechen, dass wir zuhause berichten werden, was durch die Spenden Gutes bewirkt wurde.
Alle gingen wieder in den Unterricht und wir besuchten sie dort nacheinander. Bis zu 40 Kinder sind mit einer Lehrperson in der Klasse, wohl so wie es bei uns vor langer Zeit war.
Auffallend war auch, dass sich in der HIGH SCHOOL die Jugendlichen beim Besuch unaufgefordert erheben und uns wieder grandios empfingen: „Ola, Bienvenidos, muchas gracias, tantos saludos a Dr. Bernardo“ - bis hin zur „Autogrammstunde“: Klaus zeichnete ein lustiges Gesicht für jede:n und ich eine Blume „para un futuro floreciente“ (für eine blühende Zukunft).
Auf Anregung der Lehrkräfte ergriff in einzelnen Klassen ein:e Jugendliche:r das Wort und sprach stellvertretend für die Gruppe Dank und Anerkennung für die Spenden aus Österreich aus, die ihnen den Schulbesuch und v.a. fachspezifischen Unterricht ermöglichen – so konnten z.B. 40 PCs angeschafft werden und jeder Platz ist sowohl vormittags als auch nachmittags besetzt! Diese Schüler:innen wollen lernen!
Vor dem Mittagessen stand dann auch noch der Besuch von „EL CENTRO“ am Programm, ein multifunktionaler Raum – für Gebet, Versammlungen, Unterricht, Sport und Sozialprojekte. Uns wurde gezeigt und berichtet, dass der Zaun erst vor Kurzem durchbrochen wurde, um zu den Metallgittern vor den Fenstern zu kommen – Eisen kann in dieser armen Gegend gut zu Geld gemacht werden. Kein Diebstahl ist zu rechtfertigen und doch ist es auch ein Hinweis auf die große Not in diesem entlegenen Teil der Stadt.
Hier will SR. Rosa Maria nun auch denjenigen Kindern einen Schulbesuch ermöglichen, die nicht einmal eine Geburtsurkunde haben. Unsere Bewunderung gilt ihrer Liebe zu den Kindern, ihren Visionen und ihren Mitschwestern sowie Mitarbeiter:innen, die sie dafür begeistert und die sie unterstützen. Ihre liebevolle Zugewandtheit ist in vielen Momenten sichtbar: die Kinder kommen sie begrüßen und umarmen, sie selber ist die Erste, die ein Papier aufhebt. Das Kleine und das Große behält SR. Rosa Maria im Auge – so sieht für uns echt gelebter Glaube aus. Wir können nur Hochachtung zollen und hoffen, dass ihr Vorbild lange und weit wirkt.
Im COMEDOR (Speisesaal)
wurde nach dem gemeinsamen Gebet für alle das Essen ausgegeben. Als Gäste saßen wir an einem Tisch mit SR. Rosa Maria, einer Mitschwester, dem Direktor der Cabinetes, dem Direktor der High School, der Direktorin der Primary School und der deutschen Praktikantin. Sie konnte uns im Bedarfsfall wieder als Übersetzerin aushelfen.
Im Sekretariat der Oberin gab's eine kurze Pause mit interessanten Geschichten und kleinen Geschenken, bevor wir dem NACHMITTAGSKINDERGARTEN einen Besuch abstatteten. Wegen Platzmangels gibt es hier zwei Schichten! Die Kleinsten bereiten uns einen Riesenempfang mit Liedern und Tanz in der Aula, wo auch schon die Vorbereitungen für die 25-Jahr-Feier liefen: die Maler waren am Werken, die Größeren probten die Musik für die Messe.
Wir besuchten noch weitere Klassen des fachspezifischen Unterrichts mit den Schwerpunkten Wirtschaft, IT, Gastronomie, bevor wir uns, stets mit SR. Rosa Maria als aufmerksamer Gastgeberin an unserer Seite, zu Kaffee und Kuchen mit den Direktor:innen in der Bibliothek trafen.
Wiliam brachte uns dann kurz ins Hotel, bevor wir uns zum Abendessen im Casa de Campo mit allen Schwestern aus dem Konvent noch einmal trafen, um ganz herzlich Abschied zu nehmen und zu geben.
Neben vielen offenen Fragen bleiben v.a. die Eindrücke von herzlichen Begegnungen, von freudigem Empfang der Gäste aus Europa und die glänzenden Kinderaugen in unseren Herzen.
ES GING WEITER....
Wir flogen nach Sucre, der Flughafen liegt auf 3100 m und die Höhe war deutlich spürbar. Die schöne „weiße“ Stadt liegt „nur“ auf 2800 m und wir konnten uns rasch akklimatisieren. Wir checkten im Casa Kolping ein und bekamen dank Bernhard das Zimmer mit der schönsten Aussicht.
Hier trafen wir auch persönlich Schützlinge von Bernhard, die dank der Schulbildung im Collegio nun ein Studium absolvieren und so einer besseren Zukunft entgegenblicken können.
Donnerstag, 28. Aug. 25
Das Wetter war klar, die Sonne schien und trotzdem war es recht kühl.
Um 9:30 h gab es das Pick-up von Senortia Gabriela, einer …. Ordensschwester und ihrem Chauffeur Valentin.
Wir fuhren nach YOTALA und bekamen dort vorgestellt was „Dr. Bernardo“ und seine Freunde hier alles ermöglicht haben. Der Bau des KINDERGARTEN wurde von den Brillos ermöglicht. Die Leiterinnen der einzelnen Gruppen haben mit ihren Schützlingen Schilder gebastelt, sie sangen für uns Lieder und suchten unsere Nähe.
Mit den ansteigenden Schulstufen änderte sich die Art des Empfang, gleich blieb allerdings die Herzlichkeit. In der SECUNDARIA waren wir im Gastronomieunterricht zum Pizza-belegen und Essen eingeladen. Ein hervorragendes Physaliseis durften wir als Nachspeise auch genießen.
Im Anschluss bekamen wir das MÄDCHENINTERNAT gezeigt:
8 4er-Zimmer und „für die Großen“ 4 2er-Zimmer, minimalistisch eingerichtet und sehr ordentlich aufgeräumt bietet das Internat den werdenden jungen Frauen eine Ausbildung fernab von Zuhause. Manche können nur in den Ferien heimfahren, weil ihr Weg so weit ist. Wenn die Mädchen übers Wochenende vor Ort bleiben (müssen), dürften sie im Lernsaal sogar TV sehen, erzählten sie uns freudig. Und ein Mädchen fragte:
KANNST DU MICH NACH ÖSTERREICH MITNEHMEN?
Ein Satz, der mir zu Herzen ging ….
Senorita Gabriela erzählte später ihre Geschichte als Waisin, die aufgrund ihres Alters Yotala bald verlassen muss... ihre Zukunftsaussichten sind alles andere als rosig …
Jedenfalls haben wir versucht den Mädchen zu vermitteln, dass Fremdsprache(n) und Ausbildung im Pflegebereich entscheidende Faktoren sind, um in Europa Chancen finden zu können.
Auch hier in Yotala gibt es einen COMEDOR, wo sich alle zügig ihr Essen holen. Nach dem gemeinsamen Tischgebet waren wir hier zur Suppe eingeladen.
Die Hauptspeise wurde für uns dann im Haupthaus der Ordensschwestern serviert und wir speisten zu viert. Die Unterhaltung wurde durch Google-Translator wieder erleichtert und aus dem Garten durfte ich mir noch Rosmarin für guten Duft mitnehmen. Ich nahm ihn zum Rucksack-schultern kurz in den Mund und Klaus sagte „Friedenstaube“ zu mir. Bei aller Freude UND Schwere braucht's halt auch mal wieder Leichtigkeit und Lachen.
Der Nachmittag war dem Besuch des LANDWIRTSCHAFTLICHEN INSTITUTES gewidmet.
Bei der Fahrt dorthin sahen wir bereits riesige Felder, viele Kühe und Weinreben.
Vor Ort empfing uns die Direktorin und führte uns durch das riesige Areal mit Großküche, Großbackofen und Käserei.
Am Schulgebäude der SECUNDARIA trafen wir die Direktorin der Schule und des BURSCHENINTERNATs. Sie trug gerade einen Stapel Hefte und zeigte sie gerne – es wird hoher Wert auf die Form gelegt (den Inhalt konnten wir ja nicht beurteilen).
Beim Weitergehen sahen wir Jugendliche im Feld arbeiten, freundlich gaben sie Antwort auf Fragen. Auch in den Werkstätten trafen wir auf eifrige Arbeiter:innen, wir besuchten die Schneiderei, die Stickerei, die Malerei, die Holzbearbeitung, die Schlosserei, die Installationstechnik, den KFZ-Bereich, den Stall, die Käserei (dort bekamen wir köstliches Vanilleeis), die Gärtnerei. Wirklich eindrucksvoll was hier gelernt, geübt und produziert wird. Vieles davon wird auf den Markt oder in die Geschäfte geliefert und somit auch der wirtschaftlich / kaufmännische Aspekt unmittelbar in Erfahrung gebracht.
Im Anschluss ging es mit dem Auto noch einige Kilometer zu einer neuen Hydrokulturanlage. Erstmals sahen wir Salat unter Dach auf Gestängen in Wasserrohren wachsen. Der Arbeiter erklärte uns alle Details von der Nutzung von Solarenergie bis zur Wasserbeschaffenheit für die Hydrokultur und v.a. den Umgang mit den kostbaren Ressourcen im Sinne einer nachhaltigen Land-Wirtschaft. Es beeindruckt uns, wie technologieaffin, zukunftsorientiert und verantwortungsbewußt hier gearbeitet wird.
Zum Abschied zeigen wir auch hier herzlich unseren Dank für all die Zeit, die Mühe und die vielen Informationen.
Wir können die einzelnen Projekte und deren Begleiter:innen nur beglückwünschen zu ihrem Engagement für die Zukunft der Menschen und des Landes.
Offenheit für Neues, Zusammenhalt, Stolz über Erreichtes und insbesondere der respektvolle Umgang mit „Pacha Mama“ (Mutter Erde) lässt die Hoffnung leben!
Für die laufenden wie die zuküftigen Projekte der Brillos möge gelten:
UND WENN SIE WEITER AUF UNSERE SPENDEN ZÄHLEN KÖNNEN, KANN IHRE ZUKUNFT EINE BESSERE WERDEN!
An dieser Stelle bedanken wir uns hiermit auch ganz herzlich bei dir, Bernhard, dass du uns diese berührenden Besuche und bleibenden Erinnerungen ermöglicht hast!!
UNSERE REISE GING WEITER....
in Bolivien war unsere nächste Station Potosi, dann der Salar de Uyuni.
Über den Landweg passierten wir die Grenze zu Chile, von dort ging es nach Neuseeland, die Cookinseln und via Hongkong zurück nach Hause:
1 Reise, 2 Menschen, 3 Kontinente, 4-Augen-Prinzip, 5 Nationen, 6 Kulturkreise! Mit dem Motto “Achte auf das erste Lächeln des Tages”sind wir nun gesund, zutiefst dankbar und sehr bereichert wieder DA-heim.
Maria & Klaus